Landschaftszerschneidung
1) Anteil UZVR über 100 [km2] an der Landesfläche
2) Mittlerer Zerschneidungsgrad (effektive Maschenweite meff)
Stand: 13.12.2021
Bedeutung
Bedeutung - b1
Die Ausweisung neuer Bauflächen für Gewerbe und Wohnen, der Neu- und Ausbau von Straßen und anderer Infrastruktur sowie der stetig wachsende Verkehr führen zum Verlust, zur Verkleinerung und zunehmenden Zerschneidung der Lebensräume. Die anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen der Infrastruktur tragen zunehmend zur Gefährdung von Tierarten und ihren Lebensräumen bei. Für Tierarten mit hohem Raumbedarf und großem Aktionsradius sind große unzerschnittene Lebensräume unabdingbar. Vor allem große Säugetiere mit hohem Raumbedarf können sich nur noch eingeschränkt in der Landschaft, d.h. ohne Überquerung des Straßennetzes bewegen. Die Mortalität dieser Arten auf Straßen mit hoher Belegung nimmt stark zu, wenn nicht gar eine Überquerung des Straßennetzes völlig unterbrochen wird. Die Begegnungsmöglichkeit von Tieren derselben Art ist eine wesentliche Bedingung für den Austausch der Gene und das Überleben der Population. Auch für das Naturerleben der Menschen und die Erholungsqualität ist es wichtig, Räume zu erhalten, die großflächig unzerschnitten und nicht verlärmt sind. Räume mit geringer Zersiedelung, Zerschneidung und Verlärmung stellen eine endliche Ressource dar und können, wenn überhaupt, dann nur mit hohem Aufwand wiederhergestellt werden.
Ein niedriger Zerschneidungsgrad der Landschaft und große unzerschnittene Räume sind deshalb wesentliche Prüfsteine für eine nachhaltige Entwicklung.
Der Indikator Landschaftszerschneidung besteht aus zwei gleichberechtigten Teilindikatoren:
- Anteil UZVR über 100 km2 an der Landesfläche
- effektive Maschenweite
Der Vorteil dieser Zweiteilung besteht in der jeweiligen Darstellung spezifischer Zerschneidungsaspekte eines Landes.
Hinweise zur Interpretation
Hinweise zur Interpretation - b1
Beide Indikatoren sind normiert. Bei einer länderübergreifenden Interpretation sind Unterschiede in der naturräumlichen Ausstattung, bei der Siedlungs- und Verkehrsstruktur sowie die Bevölkerungsdichte zu beachten.
Hohe Werte beim mittleren Zerschneidungsgrad bedeuten positive Werte, man kann von einer großen durchschnittlichen "flächenmäßigen Maschengröße" des Verkehrsnetzes im betreffenden Land sprechen.
Für die Stadtstaaten entfällt dieser Indikator.
Methodik
Methodik - b1
Der Indikator misst das Ausmaß der Zerschneidung der Landschaft durch technische Elemente, von denen Störungen für wild lebende Tiere sowie für Naturerleben und Erholungseignung ausgehen. Als technische Elemente, die die Landschaft zerschneiden, werden für diesen Indikator auf der Landes- und Bundesebene berücksichtigt:
- Bundesautobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen ab einer Verkehrsstärke von 1000 KfZ / 24 h
- zweigleisige Bahnstrecken und eingleisige elektrifizierte, nicht stillgelegt
- Ortslagen > 93 ha
- Flughäfen
- Kanäle mit dem Status einer Bundeswasserstraße der Kategorie IV oder größer
Bei Straßen und Bahnlinien werden Tunnels ab einer Länge von 1000 m als Unterbrechung berücksichtigt.
Sämtliche Werte werden auf Grundlage des Digitalen Landschaftsmodells im Maßstab 1:250.000 (DLM 250) sowie den bundesweiten Verkehrsstärkedaten der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und ergänzenden Daten der Länder und Landkreise errechnet (Bei Länderberechnungen auf Basis des DLM 25 kommt es, dem unterschiedlichen Maßstab geschuldet, zu abweichenden Berechnungsergebnissen für die betreffenden Länder).
Die Landschaftszerschneidung wird in zwei Teilindikatoren dargestellt:
1) UZVR: Der Anteil der unzerschnittenen verkehrsarmen Räume über 100 km2 in Prozent der Landesfläche. Dies sind die letzten großen Räume, die von keinem der genannten Elemente zerschnitten werden.
Auf Landesebene können zusätzlich weitere Größenklassen dargestellt werden und zusätzliche Zerschneidungsgeometrien berechnet werden. Große unzerschnittene verkehrsarme Räume sind als besonders schutzwürdige Flächen anschaulich und leicht vermittelbar.
2) meff: Der mittlere Zerschneidungsgrad des Landes, ausgedrückt durch die effektive Maschenweite (meff in km2). Die effektive Maschenweite ist ein errechneter Mittelwert für die "Maschengröße" des Verkehrsnetzes nach der Methode von JAEGER, die neben der Größe aller Teilräume auch die Struktur der Zerschneidung des gesamten betrachteten Raums berücksichtigt (JAEGER et al. 2001, JAEGER 2002). Die effektive Maschenweite ermöglicht flächendeckende Aussagen unter Berücksichtigung aller verbleibenden Flächen, besonders für Regionen, in denen es kaum noch große unzerschnittene verkehrsarme Räume gibt.
Die effektive Maschenweite (oder Maschengröße) meff ist proportional der Wahrscheinlichkeit, dass zwei beliebig ausgewählte Punkte, die in einem Gebiet liegen, nach der Zerschneidung des Gebietes noch gemeinsam in derselben Fläche liegen. Die effektive Maschenweite wird als Flächengröße in km2 angegeben. Je mehr Siedlungen und Straßen sich in einem bestimmten Gebiet befinden, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit der Unzerschnittenheit und desto mehr sinkt die effektive Maschenweite.
Einzelheiten der Berechnung werden in einer Technischen Anleitung zur Berechnung des UMK-Indikators 10 Landschaftszerschneidung (effektive Maschenweite) dokumentiert, die mit dem BfN abgestimmt wurde. Diese Technische Anleitung kann von interessierten Ländervertretern beim Indikatorverantwortlichen abgerufen werden.
Länderspezifika und Ziele
Länderspezifika und Ziele - b1
Datenlage
Zielstellungen
Baden-Württemberg
Daten 1930, 1966, 1977, 1989, 1998, 2004 für alternative Zerschneidungsgeometrie, seit 2000 Berechnung nach neuer Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 25), Steckbriefe für die UZVR als Internetmodul vorliegend.
Daten 2005: Bodensee kein UZVR. Fehlende Verkehrsmengenzählungen der Kreisstraßen von 2005 durch Daten von 2000 ergänzt.
Aufgrund der erheblichen Abweichungen zu den alten Zahlen werden für BW auf der LIKI-Seite bis auf weiteres keine Werte angegeben.
Naturschutzstrategie BW (2013):
Ziel ist, die unzerschnittenen verkehrsarmen Räume (UZVR) in ihrem Bestand und in ihrer Qualität zu erhalten und möglichst zu vermehren.Bayern
Bayerische Biodiversitätsstrategie:
Die derzeitigen von öffentlichen Straßen unzerschnittenen, verkehrsarmen Räume über 100 Quadratkilometer stellen einen hohen ökologischen Wert dar, deren Erhalt anzustreben ist.Berlin
Keine UZVR größer 100 km2 vorhanden
Brandenburg
Das BfN, Außenstelle Leipzig, berechnet die Länderdaten der UZVR nach der seit 2000 gültigen Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 250). Die Berechnung erfolgt seit 2005 auf Grundlage modellierter Verkehrsdaten.
Maßnahmenprogramm Biologische Vielfalt Brandenburg, MLUL 2014:
Vermeidung der Fragmentierung von unzerschnittenen verkehrsarmen Räumen (UZVR) über 100 km2 bei Neutrassierungen.Bremen
Keine UZVR größer 100 km2 vorhanden
Hamburg
Keine UZVR größer 100 km2 vorhanden
Hessen
Daten 1995, 2002, 2005 für unterschiedliche Zerschneidungsgeometrien, u.a. Berechnung nach neuer Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 25).
Daten 2005: Lückenhafte Verkehrsmengenzählungen der Kreisstraßen von 2005 durch Daten aus dem Emissionskataster (Hochrechnungswerte) ergänzt.
Hessische Biodiversitätsstrategie 2016:
Die Erhaltung und Weiterentwicklung von Biotopverbundsystemen und die Vermeidung weiterer Landschaftszerschneidungen sollen die Wanderung und Ausbreitung von Arten ermöglichen, die vom Klimawandel potentiell besonders negativ beeinträchtigt werden (Quellen: Integrierter Klimaschutzplan Hessen 2025; Hessischer Biodiversitätsbericht 2020). Die Minimierung der Zerschneidungswirkung von Lebensräumen infolge neuer Straßeninfrastrukturvorhaben durch die Errichtung von Grünbrücken in Bereichen wertvoller Vernetzungskorridore ist ein Infrastrukturvorhaben zum Arten- und Biotopschutz.Mecklenburg-Vorpommern
Das BfN, Außenstelle Leipzig, berechnet die Länderdaten der UZVR nach der seit 2000 gültigen Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 250). Die Berechnung erfolgt seit 2005 auf Grundlage modellierter Verkehrsdaten.
Niedersachsen
Daten 2005: Ergänzende Verwendung der Verkehrsmengenzählungen der Landesstraßen von 2000 und vollständige Berücksichtigung der Kreisstraßen von 2000, da 2005 sehr lückenhafte Verkehrsmengenzählungen.
Nordrhein-Westfalen
NRW berechnet die UZVR nach neuer Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 25). Aufgrund der höheren Detailschärfe ergeben sich für NRW abweichende Zahlen. Aktuelle Ergebnisse zu den UZVR in NRW finden Sie im Fachinformationssystem (FIS UZVR). Die landesspezifische Methodik ist ebenfalls dort veröffentlicht.
Aufgrund der erheblichen Abweichungen zu den Zahlen des BfN werden für NRW auf der LIKI-Seite bis auf weiteres keine Werte angegeben.
Rheinland-Pfalz
Das BfN, Außenstelle Leipzig, berechnet die Länderdaten der UZVR nach der seit 2000 gültigen Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 250). Die Berechnung erfolgt seit 2005 auf Grundlage modellierter Verkehrsdaten.
Saarland
Das BfN, Außenstelle Leipzig, berechnet die Länderdaten der UZVR nach der seit 2000 gültigen Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 250). Die Berechnung erfolgt seit 2005 auf Grundlage modellierter Verkehrsdaten.
Sachsen
Daten 2002, Modellierung nach neuer Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 25, Datenstand 2005) ist erfolgt Steckbriefe für die UZVR als Internetmodul des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung vorliegend mit nicht vergleichbarer Zerschneidungsgeometrie.
Daten 2005: Lückenhafte Verkehrsmengenzählungen 2005 durch zusätzliche Hochrechnungsdaten (Verkehrsmodell Sachsen Analyse 2005) ergänzt.
Erhaltung großer unzerschnittener Freiflächen im ländlichen Raum außerhalb der Siedlungsflächen.
Sachsen-Anhalt
Daten 2005: Fehlende Verkehrsmengenzählungen der Kreisstraßen von 2005 durch Daten von 2000 ergänzt.
Schleswig-Holstein
Diplomarbeit der Uni Kiel vorliegend (Neumann-Finke, A., 2004: Landschaftszerschneidung in Schleswig-Holstein: GIS-gestützte Bestandsaufnahme und Bewertung), weitere Auswertungen durch Uni Kiel (Basis: DLM 25, Verkehrsmengendaten 2000) geplant.
Thüringen
Das BfN, Außenstelle Leipzig, berechnet die Länderdaten der UZVR nach der seit 2000 gültigen Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 250). Die Berechnung erfolgt seit 2005 auf Grundlage modellierter Verkehrsdaten.
Daten 2005 und 2010 (Basis: DLM 25), Steckbriefe für die UZVR als Internetmodul vorliegend.Bund
Das BfN, Außenstelle Leipzig, verfügt über die Länderdaten 2000, 2005, 2010 und 2015, berechnet nach neuer Zerschneidungsgeometrie (Basis: DLM 250). Die Berechnung der UZVR erfolgt seit 2005 auf der Grundlage modellierter Verkehrsdaten.
Einen Fachartikel des BfN zur Entwicklung der UZVR finden Sie hier.
Die Daten werden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in einem 5-jährigen Zählrhythmus bis zu den Landesstraßen erhoben und vom BfN durch Kreisstraßenzählungen ergänzt. Die Zähldaten für Landes- und Kreisstraßen liegen in den Ländern in unterschiedlicher Vollständigkeit vor. Deshalb hat das BfN die Verkehrsstärken für 2005, 2010 und 2015 im Rahmen eines Forschungsprojektes bundesweit modellieren lassen. Aufgrund der höheren Genauigkeit sind die Ergebnisse ab 2005 mit den Vorjahren nur eingeschränkt vergleichbar.
Die Berechnung durch das BfN wird zukünftig auf Grundlage modellierter Daten erfolgen.Weiterentwicklung
Weiterentwicklung - b1
Es gibt trotz unvollständiger Verkehrszählungsdaten keine Alternative zur Berücksichtigung der Verkehrsstärken bei der Berechnung der UZVR. Langfristig sollte die Einbeziehung folgender Zerschneidungselemente im Hinblick auf die von ihnen ausgehenden Zerschneidungswirkungen und die Datenverfügbarkeit geprüft werden:
- Hochspannungsleitungen
- Windkraftanlagen
- weitere Anlagen im Außenbereich
Eine Differenzierung der Gewässerstrecken nach Ausbaustandard soll bei Vorliegen geeigneter Daten geprüft werden, ebenso die Aufnahme grenzüberschreitender unzerschnittener Räume.
Verkehrsstärkenmodellierungen auf Bundes- und Länderebene sind empfehlenswert! Sie liegen auf Länderebene nur für Sachsen und Thüringen vor. Bundesweit hat das BfN die Verkehrstärken für 2010 modellieren lassen.
Datenquellen
sonstige Hinweise
Ansprechpartner
Mewes, Melanie
LiKi-Vertreterin
Dr. Melanie Mewes
Bundesamt für Naturschutz
BfN
Fachgebiet II 1.3 Terrestrisches Monitoring
Alte Messe 6
04103 Leipzig
Tel.:0341-30977-254
melanie.mewes[at]bfn.de
Internet:https://www.bfn.deBernotat, Dirk
Fachansprechpartner
Dirk Bernotat
Bundesamt für Naturschutz
BfN
Leiter Fachgebiet II 4.2 Eingriffsregelung, Verkehrswegeplanung
Alte Messe 6
04103 Leipzig
Tel.:0341-30977-140
dirk.bernotat[at]bfn.de
Internet:https://www.bfn.de/
Weitere Informationen und verwandte Indikatoren
Daten B1.1 (Zeitreihe: Anteil)
Anteil Unzerschnittene verkehrsarme Räume über 100 km² an der Landesfläche in Prozent
2005 2010 2015 BW BY 19,72 20,42 21,94 BE BB 46,76 50,71 51,50 HB HH HE 15,37 15,33 18,79 MV 50,83 55,25 54,04 NI 26,19 20,82 18,27 NW RP 26,59 22,20 24,01 SL 1,02 0,58 0,57 SN 6,43 9,97 9,40 ST 33,48 35,33 36,31 SH 24,21 24,16 25,60 TH 15,63 21,48 20,86 DE 22,73 23,16 23,46 Daten B1.2 (Zeitreihe: Maschenweite)
Effektive Maschenweite meff in Quadratkilometern
2005 2010 2015 BW BY 69,34 72,50 75,43 BE BB 145,53 156,06 146,53 HB HH HE 59,84 55,73 61,84 MV 162,24 168,15 160,33 NI 86,55 76,28 67,47 NW RP 86,46 71,65 78,45 SL 20,67 22,79 18,53 SN 35,19 43,39 44,77 ST 120,08 127,10 122,21 SH 73,09 79,60 78,48 TH 54,43 75,10 71,31 DE 79,39 82,02 79,95